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SILESIA NOVA 2/2014

Inhalt

Detlef Krell: Editorial

Werner Paravicini: Besonders adelig: der Breslauer Patrizier Nikolaus von Popplau an den Höfen Europas

Jan Pacholski: Eine Wanderung auf der Suche nach dem schlesischen Zauberberg. Die schlesischen Bäder Warmbrunn und Flinsberg in Reiseberichten des ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts

Iwona Wochnik, Agnieszka Nawrat: Auf den Spuren der schlesischen Kulturgeschichte

Kinga Oworuszko: Das Studentenleben an der Universität Breslau im Spiegel der "Schlesischen Provinzialblätter" (1811–1849)

Michał Skop: Max Waldau – Sammler oberschlesischer Volkslieder

Peter Sprengel: Netzausbau 1913. Wie grün ist Moritz Heimanns Kastanie.
Im Anhang: Moritz Heimann: Die Kastanie (nach dem Erstdruck 1913)

Hans-Christian Trepte: Julian Tuwim (1894–1953) und das Dilemma kultureller Identität

Iris Bauer: Marian Pankowski – Provokateur, Randgänger und Bereicherung nicht nur der polnischen Holocaust-Literatur

Sebastian Mrozek: "… naturalnie sprechen wir deutsch hier …" Oberschlesien als literarisch (re)konstruierter, deutsch-polnischer Gedächtnisraum in Horst Bieneks Gleiwitzer Tetralogie

Szczepan Twardoch: Ballade vom Jakub Biela

Rezensionen

Hans-Christian Trepte über Alfred Gall: Schreiben und Extremerfahrung. Die polnische Gulag-Literatur in komparatistischer Perspektive

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

das Reisen ist eines der Themen dieses Sommerheftes. Nikolaus von Popplau war ein Breslauer Patrizier, der zwischen 1483 und 1486 quer durch Europa geritten ist und sich als Gast bei Hofe „besonders adelig“ gab. Wie ihm der Statuswechsel gelungen ist, „das wissen wir leider nicht“, gesteht der Kieler Historiker Werner Paravicini. Doch habe uns dieser stolze und gewiß auch stattliche junge Mann mit seinen Aufzeichnungen über die Reise „ein besonders schönes Zeugnis für Art und Weise adliges Reisen im 15. Jahrhundert“ hinterlassen, dem zu folgen bereits die Mitglieder der Deutsch-Polnischen Gesellschaft der Universität Wrocław auf ihrer Festversammlung im Mai in der Aula Leopoldina das Vergnügen hatten. Silesia Nova dankt Prof. Paravicini für das freundliche Entgegenkommen, seinen Vortrag nun auch hier veröffentlichen zu können.

Unser Autor Jan Pacholski, dem wir bereits auf literarisch-schlesischen Spuren durch das Riesengebirge, den Harz und Brandenburg folgen konnten, hatte diesmal Reiseberichte und Briefe des ausgehenden 18. und frühen 19. Jahrhunderts im Gepäck. „Auf der Suche nach dem schlesischen Zauberberg“ besuchte er die traditionsreichen Badeorte Warmbrunn (Cieplice Śląskie Zdrój) und Flinsberg (Świeradów Zdrój).

Ebenfalls im Riesengebirge waren die Germanistikstudenten der Breslauer Universität unterwegs. Von ihrer Exkursion „auf den Spuren schlesischer Kulturgeschichte“ berichten zwei Studentinnen in diesem Heft, und wir veröffentlichen den auf dieser Exkursion präsentierten Beitrag über das Studentenleben an der Breslauer Universität im Spiegel der „Schlesischen Provizialblätter“.

Ein Reisebericht ist Moritz Heimanns Essay „Die Kastanie“ aus dem Jahr 1913 nicht, wenngleich er mit einer außergewöhnlichen „Urlaubspostkarte“ in seinen Gedankengang einsteigt. Beim Lesen dieses literarischen Kleinods aus der Feder des berühmten Lektors und Vertrauten Gerhart Hauptmanns und Hermann Stehrs, mit dem sich der Berliner Literaturwissenschaftler Peter Sprengel auseinandersetzt, kam mir ein Motiv meiner kleinen Urlaubsreise in den Sinn: die von Schwalben bevölkerten Stromleitungen in Grieben auf der Ostseeinsel Hiddensee. Es hat seinen Platz auf dem Einband dieses Heftes gefunden. Kleine Reminiszenz an die „nicht ganz so mathematisch geraden“ Schönheiten am Wege. So könnte es dort auch Gerhart Hauptmann gesehen haben oder der etwas schräge Schlesier Alexander Ettenburg, der in Grieben seine „Schwedische Bauernschänke“ gegründet und später als Einsiedler im Hochland Theater gespielt hat.

Der gebürtige Breslauer Max Waldau hat sich in seinem kurzen Leben um die Bewahrung der slavischen oberschlesischen Volkslieder besondere Verdienste erworben. Michał Skop, Literaturwissenschaftler in Kattowitz, geht diesem Werk nach.

„Puff, jak gorąco! Uff, jak gorąco!“ – die kraftvollen Verse des Gedichtes „Die Lokomotive“ von Julian Tuwim sind auch manch deutschem Leser bekannt und durchaus, wie eine schnelle Recherche in den einschlägigen Kanälen im Internet ergibt, auch auf deutschen Kleinkunstbühnen zuhause. Damit aber erschöpft sich heute wohl weitgehend die Präsenz des Autors in Deutschland. Der Leipziger Slavist Hans-Christian Trepte befaßt sich mit dem spannungsreichen Leben des polnisch-jüdischen Dichters und Übersetzers, dessen 60. Todestag im vergangenen Jahr zu gedenken war.

Ebenfalls ein für die polnische Literatur bedeutsamer und in Deutschland wenig bekannter Autor ist Marian Pankowski. Sein Werk ist der Auseinandersetzung mit dem Holocaust verpflichtet. Die Leipziger Slavistikstudentin Iris Bauer stellt den „Provokateur und Randgänger“ vor.

Dem literarisch (re)konstruierten deutsch-polnischen Gedächtnisraum Oberschlesien spürt der Krakauer Literaturwissenschaftler Sebastian Mrożek in Horst Bieneks „Gleiwitzer Tetralogie“ nach.

Schließlich noch Lektüre für unterwegs. Szczepan Twardorchs „Ballade vom Jakub Biela“ führt über das Oberschlesien des heutigen Polen in die vergangenen hundert Jahre Geschichte und wieder zurück. Silesia Nova dankt dem Deutschen Polen-Institut Darmstadt für diese Geschichte, die im aktuellen Polen-Jahrbuch, das unter dem Thema „Männer“ steht, erstveröffentlicht wurde. Auch in dieser Silesia Nova geht’s immer um Männer. Soll nicht zur Regel werden.

Ich wünsche Ihnen einen erlebnisreichen Sommer
und unterhaltsame Lektüre.
Detlef Krell

ISBN 978-3-86276-135-7 / 160 S. / EUR 12,00