Ältere Ausgaben

SILESIA NOVA 3-4/2011

Edward Białek
Editorial

Arno Herzig
Der preußische Staat und die Neugründung der Universität Breslau 1811

Wojciech Kunicki
Sprache und Politik. Zur Geschichte der Germanistik an der Universität Breslau

Joanna Smereka
Henrik Steffens – ein Breslauer Schriftsteller aus dem hohen Norden

Hans-Ludwig Abmeier, Hubert Unverricht
Der andere, der Glogauer Julius Blaschke (1866–1922)

Ewa Jarosz-Sienkiewicz
Meine Freunde aus Davids Geschlecht. Das Judenbild in den Augen Ruth Hoffmanns

Arletta Szmorhun
Lilith, eine Metamorphose. Dagmar Nicks biblisch-narrative Geschlechtsinszenierungen

Paweł Zimniak
Gebirgslandschaften als Stimmungsräume. Zur Performativität der Raumerfahrung in den Texten von Monika Taubitz

Nicole Birtsch
Schreiben über nichterlebte Geschichte. Darstellung von Flucht und ‚Vertreibung‘ in der deutschen Gegenwartsliteratur am Beispiel von Jörg Bernigs Roman „Niemandszeit“

Barbara von Wulffen
Futur exakt. Laudatio auf Jörg Bernig zur Verleihung des Eichendorff-Literaturpreises

Diesem Land, das uns am Herzen liegt
Monika Taubitz zur Eröffnung der Wangener Gespräche

Juden in Schlesien
Sonja Baukloh-Herzig zur Internationalen Tagung in Breslau

Restauriertes Museum der Universität Breslau eröffnet
Aus der Ansprache von Norbert Heisig, Präsident der Deutsch-Polnischen Gesellschaft der Universität Wrocław

Himmel der Wissenschaft und irdische Geschichte
Aus der Dankesrede von Norbert Conrads zur Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Wrocław

Zu den Restaurierungen an der Pfarrkirche St. Georg in Reichenbach / Dzierżoniów im Eulengebirge. Ein Bericht von Rudolf Lenz

IN EINEM ZUG GELESEN – Literarische Reise

Detlef Krell
Weltliteratur aus Mecklenburg. Johannes Gillhoff: Jürnjakob Swehn der Amerikareisende. Zum 150. Geburtstag des Autors

Johannes Gillhoff
Jürnjakob Swehn der Amerikareisende. Roman (Auszug)

Leszek Libera
Buks Molenda. Roman (Auszug)

Rezensionen

Polnisch-Amerikanische Enzyklopädie / Die Fliegenfängerfabrik / Samuels Reisen – gelesen von Hans-Christian Trepte

Wintergedichte
Theodor Fontane, Georg Trakl

 

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser!

Die wechselvolle Geschichte Schlesiens und seiner Metropole zeigt sich nicht zuletzt in der Fülle der zu begehenden akademischen Jubiläen: 2002 feierte die Alma Mater Wratislaviensis ihr 300jähriges Bestehen, in diesem Jahr dagegen wird der Neugründung der Universität Breslau im Jahre 1811 gedacht; 2015 wiederum wird die polnische Universität Wrocław auf ihre nunmehr siebzigjährige Geschichte zurückblicken dürfen. Habsburgisch und kaiserlich, preußisch und königlich, polnisch und europäisch – die erste schlesische Landesuniversität gilt nach wie vor europaweit als eine bedeutsame Forschungsstätte, ein wichtiges Kulturzentrum und ein internationaler Begegnungsort, dessen symbolische Dimension sich u. a. in den Aktivitäten der Deutsch-Polnischen Gesellschaft der Universität Breslau manifestiert.

Auch diese 2001 von Norbert Heisig initiierte und für Schlesien wie auch für den deutsch-polnischen Dialog wichtige Einrichtung feierte im Sommer 2011 ihr rundes Jubiläum. Mit Stolz und Freude kann ihr Präsident in diesem Heft über die Neueröffnung des auch aus Mitteln der Gesellschaft renovierten Universitätsmuseums berichten.

Erfreuliches bringt der Bericht von Rudolf Lenz, der die Restaurierung des Nordportals sowie der beiden Heiligen-Skulpturen an der Pfarrkirche St. Georg in Reichenbach (Dzierżoniów) angeregt hat.

Am Jubiläumstag der Universität wurde dem renommierten Historiker Norbert Conrads die Ehrendoktorwürde der Universität Wrocław verliehen. Seine Dankesrede verband der Wissenschaftler mit Betrachtungen über Europa und die Idee des europäischen Hauses – die gar nicht zuerst vom verdienstvollen russischen Staatsmann Michail Gorbatschov formuliert wurde, sondern bereits 1454 durch den italienischen Humanisten und späteren Papst Pius II., Enea Silvio Piccolomini.

Silesia Nova will dem Interesse unserer deutschen und polnischen Leser an der geschichtlichen Entwicklung des Breslauer Hochschulwesens Rechnung tragen und bringt in diesem Heft etliche Beiträge, deren Autoren sich kritisch mit ausgewählten Themen aus der Vergangenheit der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität auseinandersetzen.

Der Hamburger Historiker Arno Herzig erörtert den durchaus komplizierten Weg zur Neugründung der Breslauer Universität, durch die u.a. „die bis dahin noch sehr stark konfessionell geprägten Kulturen Breslaus zusammenfanden“.

Wojciech Kunicki, Ordinarius am Institut für Germanische Philologie, das in der Nachfolge der einstigen deutschen Einrichtungen literar-, sprach- und kulturgeschichtliche Forschungen betreibt, skizziert die Entwicklung der Germanistik in Breslau, zeichnet Porträts der Hauptakteure der philologischen Szene, wie Hoffmann von Fallersleben, Heinrich Rückert, Karl Weinhold, Theodor Siebs und Max Koch.

Joanna Smereka, hochbegabte Vertreterin des germanistischen Nachwuchses, schildert die Gestalt des großen Europäers unter den vielen Kapazitäten der Gründungsphase der neuen Universität Breslau, des in Norwegen geborenen Naturwissenschaftlers, Philosophen und Schriftstellers Henrik Steffens, eines „Wahldeutschen“, der „ein Nationen, Kulturen und wissenschaftliche Disziplinen vereinendes Phänomen“ ist.

200 Jahre Breslauer Germanistik waren der Anlaß für eine hochkarätig besetzte internationale Konferenz im November in Breslau, zu der Eugeniusz Tomiczek, Direktor des Instituts für Germanische Philologie der Universität Wrocław, in der Aula Leopoldina die Festrede hielt.

Einen weiteren Schwerpunkt bildet im vorliegenden Heft unserer Zeitschrift die schlesische Kultur- und Literaturgeschichte. Der Historiker Hans-Ludwig Abmeier und der Mainzer Musikwissenschaftler Hubert Unverricht stellen das Leben und die vielseitigen musikwissenschaftlichen Forschungen des Glogauer Gymnasiallehrers und Musikhistorikers Julius Blaschke dar. Ewa Jarosz-Sienkiewicz, Professorin im Institut für Germanische Philologie, befaßt sich mit dem Judenbild in der Prosa der in Breslau geborenen Autorin Ruth Hoffmann.

Zwei weitere literarhistorische Aufsätze sind Ertrag der diesjährigen Wangener Gespräche und den ebenfalls in der Odermetropole geborenen Autorinnen gewidmet. Arletta Szmorhun von der Universität zu Grünberg behandelt biblisch-narrative Geschlechtsinszenierungen im Prosawerk von Dagmar Nick; Paweł Zimniak, Leiter der Grünberger Germanistik, setzt sich mit der Problematik der Raumerfahrung in den Texten von Monika Taubitz auseinander.

Die letztere kommt selbst zu Wort in einem Bericht über die Begegnung von Freunden der schlesischen Literatur in Wangen. Zur Eröffnung der Wangener Gespräche verbschiedete sich Monika Taubitz vom Amt der Vorsitzenden des Wangener Kreises. In ihrer langjährigen kulturfördernden Arbeit setzte sie einschneidende Veränderungen in der Vereinstätigkeit und im Umgang mit dem schlesischen Erbe durch. Wir danken der Dichterin für ihr Engagement und ihren bedeutenden Beitrag zur deutsch-polnischen Versöhnung! Sie leitet weiterhin die Arbeit der Jury des Eichendorff-Literaturpreises, der 2011 an Jörg Bernig verliehen wurde; die Laudatio von Barbara von Wulffen finden Sie ebenfalls in diesem Heft. Bernigs „Schreiben über nichterlebte Geschichte“ widmet dagegen ihren Beitrag Nicole Birtsch.

Mit der neuen Rubrik „In einem Zug gelesen“ wollen wir unsere Leser in loser Folge auf literarische Reisen mitnehmen, diesmal nach Mecklenburg und – nach Amerika. Detlef Krell erinnert an den mecklenburgischen Volksschullehrer und Schriftsteller Johannes Gillhoff, der mit Jürnjakob Swehn die Symbolfigur des mecklenburgischen Auswanderers geschaffen hat. Der in der Zwischenkriegszeit oft aufgelegte Erfolgsroman Jürnjakob Swehn der Amerikafahrer ist den vielen mecklenburgischen Auswanderern des 19. Jahrhunderts gewidmet. Ein längerer Auszug aus dem Roman ist als eine Anregung zur Lektüre des heute in zwei Ausgaben erhältlichen einstigen Bestsellers gedacht.

Nach Oberschlesien lädt der in Essen lebende Schriftsteller Leszek Libera ein. Wir bringen als Kostprobe die ersten Passagen aus seinem neuen Roman Buks Molenda, der in diesen Tagen im Neisse Verlag erscheint.

Wir freuen uns, Sie bald im 9. Jahrgang von Silesia Nova begrüßen zu können. Und noch eine Einladung: Besuchen Sie Silesia Nova im Internet! Unter www.facebook.com/silesianova finden Sie aktuelle Informationen aus und über Schlesien, und Sie sind eingeladen, an dieser virtuellen Ausgabe unserer Zeitschrift mitzuschreiben.

Angenehme Lektüre wünscht Ihnen Edward Białek

ISBN 978-3-86276-030-5 / 248 S. / 20,00 Euro