Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaft
Kaffeehaus als Menschenrecht
Dieses Sammelwerk mit Beiträgen von 16 polnischen Literaturwissenschaftlern und 4 österreichischen Schriftstellern ist als eine Hommage für die vor 25 Jahren eröffnete Österreich-Bibliothek in Wroclaw gedacht. Vertreten sind Literaturwissenschaftler aus Kraków, Lublin, Olsztyn, Poznan, Warszawa, Wroclaw und Zielona Góra, die den Herausgebern die Ergebnisse ihrer Forschungsarbeit zur Verfügung stellten und damit das Jubiläum dieser wichtigen Kultureinrichtung und eines wissenschaftlichen Zentrums in einem mitfeiern wollten. Die vorliegende Aufsatzsammlung ist aber zugleich ein Indiz dafür, dass die österreichische Literatur einen wichtigen Gegenstand des Interesses von Mitarbeitern germanistischer Institute in ganz Polen darstellt. An mehreren Universitäten gibt es Lehrstühle bzw. Abteilungen für österreichische Literatur- und Kulturgeschichte, in den Magister- und Doktorandenseminaren entstehen zahlreiche Diplomarbeiten und Dissertationen über das Schaffen von Schriftstellern der Habsburgermonarchie, der Ersten und der Zweiten Republik. Jedes Jahr werden viele Lesungen und Buchvorstellungen mit Autoren aus Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz, Salzburg und Wien veranstaltet; diese Art von lebendiger Literaturgeschichte erfreut sich bei polnischen Studenten großer Beliebtheit. Gastvorträge und Übersetzungswerkstätten mit Gelehrten aus der Donaurepublik gehören seit Jahrzehnten zum didaktischen Alltag der polnischen Germanistik. An dieser durchaus positiven Entwicklung haben sechs in Polen bestehende Österreich-Bibliotheken einen bedeutenden Anteil. In enger Kooperation mit germanistischen Lehrstühlen und Instituten werden Auftritte von österreichischen Schauspielern, Konzerte, Ausstellungen und Österreich-Tage veranstaltet; auch die Jubilarin aus Wroclaw leistet seit einem Vierteljahrhundert ihren großen Beitrag zur Verbreitung der österreichischen Kultur in Polen.
Inhalt
Vorwort
I
Agnieszka Zakrzewska-Szostek: „Liebe Schwester meiner reinsten Träume” oder „wilde Dirne meiner schwärzesten Begierden“ – Anna Mildenburg in den Brieftagebüchern Hermann Bahrs
Andrzej Pilipowicz: Mystische Abwege der Weiblichkeit. Die Sakralisierung von Normverstößen in Die Sanfte von Fjodor Dostojewski und Tonka von Robert Musil
Aneta Jachimowicz: Gegen die Republik schreiben. Der völkische historische Roman der 1. Republik
Michael Sobczak: Die österreichische Dichterin Paula von Preradovi? vor dem Hintergrund der Kontroverse um die „Innere Emigration“
Maciej Walkowiak: Der deutsche (und sowjetische) Angriff auf Polen 1939 in der Perspektive eines Österreichers. Zum Wesen der Kriegsnarrative in Franz Theodor Csokors autobiographischem Text Als Zivilist im Polnischen Krieg
Marcin Marek: Unter Freunden – Franz Theodor Csokor und seine polnischen Begegnungen
Andriej Kotin: „Ich stand als Augenzeuge neben dem Häftling“: Das Schicksalsmotiv in Ernst Weiß' Der Augenzeuge
Dorota Tomczuk: Alfred Polgars Bemerkungen zum Wesen des Theaters und der Theaterkritik
II
S?awomir Piontek: Österreichische Kriegsnarrative in der Prosa der frühen Nachkriegszeit am Beispiel von Letzte Ausfahrt von Herbert Zand
Dobros?awa Szadkowska: „Auf dem Erfolg sitzt man so eiskalt, so einsam wie auf dem Nordpol“. Zum Leben und Werk von Vicki Baum
Andrzej Denka: Peter Handke und ‚Wahn von Blut und Boden‘? Eine systemtheoretische Analyse zum Streit um Peter Handke in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts und danach
Roman Dziergwa: Peter Handke und Botho Strauß als Literaturstreiter nach 1989
Dorota Tomczuk: „Die humorvolle Erzählung von Schrecken“. Das künstlerische Credo von Peter Turrini in seiner Publizistik und seinen Interviews
Agata Mirecka: „Ich entschloß mich sitzen zu bleiben und zu phantasieren.“ Peter Turrinis Dramen – kleine Dekonstruktionen (dargestellt an ausgewählten Beispielen)
Szymon G?bu?: Ein geschrumpftes Universum. Geschichtskonstruktionen im Prosawerk von Martin Pollack – Themenkomplexe und Darstellungstechniken
Joanna Ma?gorzata Banachowicz: Das Burgtheater als Schauplatz der Geschichte. Zur Rolle des theatralen Raumes im Prozess der Dekonstruktion des Opfermythos im Stück Heldenplatz von Thomas Bernhard und im Projekt Die letzten Zeugen von Doron Rabinovici und Matthias Hartmann
Interview
Der Erfolg ist etwas prinzipiell Negatives. Erich Hackl im Gespräch mit Artur Robert Bia?achowski
Literarisches
Doron Rabinovici: Kaffeehaus als Menschenrecht
Doron Rabinovici: Der Letzte
Doron Rabinovici: Die Ausgeburt
Christian Teissl: Die schlafenden Brüder. Ein Märchen in der ersten Person
Hannes Vyoral: Gedichte
ISBN 978-3-86276-234-7
EUR 28,00