Wissenschaftliche Reihen

Edward Bialek, Cezary Lipinski, Józef Zaprucki (Hg.)

Literarisches Hirschberg

Die Stadt Hirschberg, in der südwestlichen Ecke Schlesiens gelegen, spielte für den gesamten Riesengebirgsraum seit dem 17. Jahrhundert nicht nur eine bedeutende Rolle als ein Mittelpunkt des Handels und der Politik, sondern auch ein Wissenschafts-, Kunst- und Kulturzentrum.

Selbst wenn die Leistungen, die dort im Kunstbereich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts erbracht wurden, sich oft an der Grenze zum Dilettantischen bewegen, ändert das nichts am Bild der konstanten Kulturfreudigkeit des lokalen Bürgertums. Seine Art, sie auszuleben, waren zahlreiche gesellige Vereine, Zirkel und Kreise, zu denen sich die Hirschberger zusammenschlossen, um ihren diesbezüglichen Interessen nachzugehen. Sollte in dem einen oder anderen Fall die Kunstbegeisterung das eigene Talent überwogen haben, taten sich die Bürgerleute nicht als Schöpfer, dafür aber umso großzügigere Mäzene hervor.

Das literarische Leben erlebte in der Riesengebirgs-Goldstadt seit dem 18. Jahrhundert, vor allem dank des sog. ersten Hirschberger Dichterkreises um Daniel Stoppe und Caspar Gottlieb Lindner, einen Aufschwung. Überboten wurden dessen Leistungen durch den romantisierenden zweiten um die Brüder Contessa, die zeitweise über die regionalen Grenzen hinaus bekannt waren. Pauschal gesehen, bestand das größte Verdienst dieser Phase darin, das Riesengebirge als ein Motiv in der deutschen Literatur installiert zu haben.

Der vorliegende Band versucht diversen Rollen, die Hirschberg im relativ weiten regionalen Umfang spielte, gerecht zu werden. So deuten auf das erwähnte Verwachsen-Sein der Stadt mit dem Gebirge all die Texte hin, die von den Brüdern Hauptmann, Gerhart Pohl, Else Ury, Ruth Storm, Monika Taubitz und Fedor Sommer, aber auch den Reiseberichten über Hirschberg und die Umgebung sowie den Briefen über Schlesien von John Quincy Adams und den Wanderbüchern von Julius Peter handeln. Gezielt auf die (Literatur-)Geschichte der Stadt gehen demgegenüber die Beiträge über die Brüder Contessa, Georg Heym, Christian Saalberg und Harald Gröhler ein, während die Aufsätze über frühneuhochdeutsche Handschriften in Hirschberg und den Sprichwörtersammler Karl Friedrich Wilhelm Wander sprachhistorische Aspekte behandeln.

Aus dieser Zusammenstellung ist leicht zu ersehen, dass das vorgelegte Material trotz seines relativ großen Umfangs die mit der Literatur- und Kulturgeschichte Hirschbergs zusammenhängenden Themenbereiche nur tangieren kann. Da liegt durchaus nicht nur ein Nachholbedarf, sondern auch ein klares Potential vor, eine nächste Buchveröffentlichung in Erwägung zu ziehen, die der niederschlesischen Goldstadt weitere interessante Facetten abgewinnen könnte. Zu wünschen wäre bloß, dass sie in einer absehbaren Zeit zustande gebracht werden kann.

(aus dem Geleitwort der Herausgeber)

Hauptmanniana, Band 6 Festeinband, 628 S.
ISBN 978-3-86276-200-2
EUR 36,00

Kartoniert, 628 S.
ISBN 978-3-86276-201-9
EUR 28,00