Zeitgeschichte

Anastasia Surkov

Flugblätter gegen Unmenschlichkeit

Im Frühjahr 1951 fanden drei Schulfreunde im sächsischen Gröditz unweit des Truppenübungsplatzes Zeithain der sowjetischen Armee die ersten Flugblätter. Eng bedruckte Papiere in russischer oder deutscher Sprache, die, wie sie bald wußten, aus der Bundesrepublik mit Ballons in die DDR geflogen und dort abgeworfen wurden. Absender waren Organisationen wie der Zentralverband politischer Emigranten aus der UdSSR, die Ostbüros der Parteien und die Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit.

Friedrich Uhlemann hat diese Flugblätter aufbewahrt, wohl wissend, in welche Gefahr er sich mit deren Besitz bringt.

Dieses Buch erzählt die Geschichte einer einzigartigen Sammlung von Zeitdokumenten der deutschen Nachkriegsgeschichte zu einem weniger bekannten Kapitel des Kalten Krieges in den 1950er Jahren bis zum Mauerbau 1961. Die Sammlung Uhlemann wird in der Umweltbibliothek Großhennersdorf aufbewahrt und kann dort eingesehen werden.

Inhalt

Vorwort des Herausgebers

Einleitung

Die Sammlung und der Sammler

Widerstandorganisationen
– Zentralverband politischer Emigranten aus der UdSSR (ZOPE)
– Nationaler Bund des Schaffens. Russische Solidaristen (NTS)
– Ostbüros der Parteien
– Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit (KgU)

Interview mit Friedrich Uhlemann

Sammlung Friedrich Uhlemann. Auswahl zur Dokumentation

Übersetzungen von Flugblättern

Friedrich Uhlemann: Geschichte der Sammlung (Autograph)

Quellen- und Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Aus dem Vorwort des Herausgebers

Sie halten eine Publikation in den Händen, die sich „Flugblätter gegen Unmenschlichkeit“ nennt. Schon das kündet uns heute eher von einer fernen Zeit, die allerdings so lang noch gar nicht her ist. Und gegen „Unmenschlichkeit“? So wurde vor 70 Jahren gedacht: Vieles was in Diktaturen passiert, ist unmenschlich. So war gewissermaßen der Duktus der Zeit. Heute können wir wissen: Alles, was Menschen tun, ist menschlich. Auch das, was in Diktaturen passiert. Unser Menschenbild hat sich unserem Wesen wieder etwas angenähert.

Vor nunmehr fast sechs Jahren bekam ich einen Anruf von einem Herrn Uhlemann aus Dresden, der mir ohne Umschweife sein Anliegen vortrug: Er suche jemanden, der Interesse an einer Flugblattsammlung aus den 1950iger Jahren hat. Die Sammlung bestehe aus ca. 300 Flugblättern verschiedener Exil- und Widerstandsorganisationen aus dem Westen Deutschlands gegen die SED-Diktatur und die Sowjetischen Besatzer im Osten, die er und zwei Freunde in der Umgebung ihres damaligen sächsischen Wohnortes Gröditz, unweit von Zeithain, gesammelt haben. Er hatte von unserer Einrichtung gehört, als einer, die sich dafür interessieren könnte. Dies habe ich ihm sofort bestätigt. Wir haben zeitnah einen Besuchstermin in seinem Wohnhaus in Dresden verabredet, uns kennen gelernt und Vertrauen zueinander gefaßt, dass es, auf einem noch nicht bekannten Weg, gelingen wird, diese Sammlung der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Dieser Fall von außergewöhnlichem Mut und Umsicht damals noch sehr junger Menschen sollte es doch heute möglich machen, ein bedeutendes authentisches Zeitdokument sowohl der wissenschaftlich-historischen Forschung, als auch für die Vermittlungsarbeit in der politisch-historischen Bildung zur Verfügung zu stellen.

So aufgeladen, haben wir die Sammlung in unser Archiv übernommen. Nach einigen Mißerfolgen fanden wir in der Stiftung Sächsische Gedenkstätten 2017 einen aufgeschlossenen Gesprächspartner und Förderer, der bis hin zur Publizierung das Projekt ermöglichte.

Andreas Schönfelder, Umweltbibliothek Großhennersdorf e.V.

Broschur, 120 S.
ISBN 978-3-86276296-5
EUR 9,90